Sylvia Heinlein über einen besonderen Ort, an dem wir in der Schwebe liegen zwischen Wasser und Land.
Es gibt Schwimmer*innen, die kommen mit einem Handtuch ans Ufer, begeben sich zielstrebig ins Wasser, kraulen eine anständige Zeit, liegen oder sitzen danach noch eine kurze Weile herum und gehen dann wieder. Das sind die wirklichen Schwimmer, die ernstzunehmenden. Wenn ich mit solchen spreche, stimme ich ihnen in Allem zu. Ich habe alles getan, was eine aufrichtige Schwimmerin meines Erachtens tun sollte: ich habe Kraulen gelernt, ich besitze eine Schwimmbrille und wenn ein Becken nicht allzu lang ist, schaffe ich mit viel Disziplin einige Bahnen am Stück.
Die Autorin schwebt an einem See, der von der Löcknitz abgeht und in der Nähe von Klein Schmölen liegt. ©Sylvia Heinlein.
Was mich von den seriösen Schwimmern unterscheidet ist, dass ich mich niemals ohne Decke ans Wasser bewege. Ich habe ein Kissen dabei, damit ich noch angenehmer schlummern kann, etwas zu Lesen und natürlich ein kleines Picknick. Ich dehne die Zeit am Ufer aus, das Wasser ruft mich und bleibt, auch wenn ich es warten lassen. Das tun sonst nur großartige Freunde oder strapazierfähige Familienmitglieder. Ich blicke voller Vorfreude aufs Wasser und döse - vor, zwischen und nach den Schwimmgängen.
"Ich kraule gemächlich und ich bin stolz auf mich, denn gekrault ist gekrault."
Wenn ich im Wasser bin, beginne ich ernsthaft und kraule 25 Meter. Dann mache ich eine kleine Pause und schwimme die nächsten 25 Meter. Ich kraule gemächlich und bin stolz auf mich, denn gekrault ist gekrault und meine Haltung stimmt, meine ich jedenfalls. Nach vier bis fünf gefühlten Beckenlängen tue ich, was das Ufer wünscht: ich drehe mich langsam im Kreis und bewundere all die Schönheit. Da wächst Schilf, so üppig, und dahinter wacht ein Laubwald! Oder Strandrosen leuchten, grün und pink über weißem Strand. Felsen schmiegen sich vom Ufer ins Wasser hinein, großartig! Mal ist da eine spektakulär gutgemachte Steilküste, ein beeindruckendes Gebirgsmassiv oder eine wasserspeiende Putte am Kopfende eines verschwiegenen Pools am Ende der Welt.
Jedenfalls: überall ist reichlich Entzücken und Glück. Darüber vergesse ich das Schwimmen und muss mich mahnen, die Strecke zurück zielstrebig anzugehen. Am Ufer treibe ich lange müßig im Flachen, in der Schwebe zwischen Wasser und Land. Und das ist dann der beste Zustand der Welt.
Sylvia Heinlein
schwimmt im Sommer überall und als nächstes endlich einmal in der Alster. Sie ist Kinderbuchautorin und Journalistin (u.a. für die BRIGITTE-Magazine) und hat im Sommer ein aufblasbares Planschbecken im wilden Garten stehen.
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