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Anette Frisch

Avicii in Porto

Aktualisiert: 30. Juni 2020

Mein Schwimmbad-Test führte mich im Frühjahr 2018 nach Porto ins Piscina Municipal da Constituição.

Mein Schwimmbad-Test hat mich 2018 nach Porto geführt. Hier gibt es einige Schwimmbäder, leider alle behallt, bis auf eines, aber das ist eine andere Geschichte. Ich war im Piscina Municipal da Constituição schwimmen, das 1967 eröffnet und dreißig Jahre später aufgehübscht wurde. Das 25-Meter-Becken hat fünf Bahnen und eine, sagen wir mal, zarte Zuschauertribüne auf der vielleicht 20 Gäste Platz nehmen und vorsichtig ins Gewölbe applaudieren könnten, wenn ihre Favoritin nach 60 Bahnen gerade mal 1.500 Meter geschwommen ist und am Beckenrand zum Sieg klatscht.

Hoppeln im Wasser

Es gab an jenem Morgen aber kein Publikum, sondern eine Wassergymnastik-Gruppe, die immerhin zwei der fünf Bahnen in Beschlag tanzte. Am Beckenrand ruderte die Instruktorin mit auslandenden Armbewegungen. Ich zog meine Bahnen und hatte beim Auftauchen die Szenerie stets im Blick. Unter Wasser hörte ich das dumpfe Wummern des Basses, deren Radiowellen aus dem Ghettoblaster kommend vom Wasser aufgefangen und bis zu den Gehörgängen der Schwimmerinnen weitergetragen wurde.


Ich war lange kein Fan solcher Aktivitäten. Gleichgültig wie gesund so ein Wassergehoppel auch im fortgeschrittenen Alter für Gelenk und Muskel ist. Seit ich schwimme lebe ich mit der Hoffnung, dass dieser Trend ausschleicht, irgendwann nur zwei Aquaaerobiquer im Wasser zurückbleiben und die Instruktorin bekümmert einpackt. Vor allem ihren Ghettoblaster. 2018 ist das noch nicht geschehen. I swear. An alle Nichtschwimmer: Diese Sportart exisitiert immer noch. In Portugal, Deutschland oder Afrika.*

Nun schwimme ich also meine Bahnen. Und dann geschieht es. Ich komme kurz mit dem Atmen ins Stolpern. Das ist doof. Denn die Regelmäßigkeit on Luftholen und -ausströmen ist wichtig für eine ruhige Lage im Wasser und damit aus Schwimmen Meditation wird. Jetzt aber konzentriere ich mich nicht aufs Kraulen, sondern auf die Musik...


Wake me up, so wake me up when it’s all over When I’m wiser and I’m older All this time I was finding myself, and I Didn’t know I was lost

Wasser. Endlich.

Der Hit Aviciis smasht durch die Schwimmhalle und das Gehoppel auf Bahn 4 und 5 hat nun seinen Höhepunkt erreicht. Das Wasser wird sehr unruhig und ich muss für die Dauer des Songs kräftig ziehen. Avicii ist am Vortag gestorben. Ich frage mich, ob die Situation nicht total seltsam ist - oder ob ich unter Sentamentalität leide. In eine Gemützverfassung also, bei der man sich in etwas hineinsteigert. Ich schwimme weiter und merke, dass mich das Ganze jetzt doch berührt. Avicii tot, Gehoppel zwei Bahnen weiter und ich schwimme weiter in meinem Leben und die Sonne scheint durch die Dachfenster aufs Becken. Und immer wieder erwischt mein Köper einen Strahl.


Später läuft dann irgendwas von Shakira. Ich steige aus dem Wasser. Wake me up und das Wissen darum, endlich zu sein, werden mich den Tag über begleiten.


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